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Das Prolaktinom - ein Paradebeispiel für die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Neuroradiologie

von Gaby Niggenaber, Medizinstudentin Charité Universitätsmedizin, 01.08.2017

Der Verdacht auf ein Prolaktinom eignet sich hervorragend, um die interdisziplinäre Zusammenarbeit der ärztlichen Disziplinen Gynäkologie und Endokrinologie mit der Neuroradiologie und die Bedeutung der Kernspintomographie – des MRT – darzustellen.

 

1) Die Gynäkologie beginnt


Der „case report“ beginnt wie bei vielen Patientinnen: Die Patientin, eine junge Single-Frau, hat unregelmäßiger ihre Menstruation, führt dies auf Stress und Eisenmangel zurück. Zyklusanomalien und letztlich Amenorrhö seit drei Monaten führen die Patientin dazu, einen Termin bei einer Gynäkologin mit Hormonsprechstunde zu vereinbaren.
Die junge Frau hat aufgrund von Stress, Klausuren und Examen abgenommen: alles Gründe für eine sekundäre Amenorrhö. Die Hormonwerte zeigen einen auffälligen Prolaktinwert: Werte  von 25-200 ng/ml erfordern die weitere Abklärung und eine zweite Blutabnahme in ca. 4-5 Wochen.
Außer des auffälligen Prolaktinwertes liegen weder eine Galaktorrhö noch Zeichen einer Raumforderung wie Kopfschmerzen oder Sehstörungen vor.

2) Die Endokrinologie steigt ein


Da nach fünf Wochen auch der zweite Prolaktinwert bei der Patientin weiterhin angestiegen ist, geht die Patientin verunsichert zu einer Endokrinologin. Auch hier zeigt sich die dritte Blutabnahme auffällig und mit einem erneut ansteigenden Prolaktinwert. Patientin und Endokrinologin einigen sich auf eine Vorgehensweise „lege artis“.

 
„Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gynäkologe, Endokrinologe, Radiologe, Ophtalmologe, Neurochirurg!“ (Zitat Herold 2016 zum Prolaktinom)

 

3) Die Neuroradiologie schaltet sich ein


Die Vorgehensweise „lege artis“ beinhaltet nunmehr die Einschaltung der Neuroradiologie mit der Fragestellung: „Hyperprolaktinämie. MRT der Sellaregion erbeten. Voraufnahmen liegen nicht vor.“
Es wird bei der Patientin eine Magnetresonanztomographie (MRT 3 Tesla) des Neurocraniums unter besonderer Berücksichtigung der Hypophyse angefertigt. Für den Nachweis eines Prolaktinoms eignet sich das MRT als Lokalisationsdiagnostik als Methode der ersten Wahl. Das Kontrastmittel-MRT hat bei der Diagnostik des Prolaktinoms eine Sensitivität von 90 %.
Die Methode der Wahl lautete bei der Patientin beispielhaft:
20 Kanal Kopfspule; axiale Spinecho: T2 und Gradientenecho T1; coronale Spinecho der Sella: T1; komplikationslose intravenöse KM-Gabe von 5 ml Gadovist, postkontrast coronale und sagittale Spinecho der Sella: T1; axiale Gradientenecho T1 des Neurocraniums.

Es bleibt anzumerken, dass Mikroadenome unter zwei mm Größe methodisch bedingt dem Nachweis entgehen.
Bei dem „case report“ der Patientin liegen insgesamt normale neurocranielle Befunde vor. Da jedoch der Prolaktinwert zu hoch bleibt und weiterhin die sekundäre Amenorrhö besteht, wird halbjährlich die weitere Kontrolle des Prolaktinwertes und gegebenenfalls ein MRT vereinbart, falls der Prolaktinwert kontinuierlich steigt.

4) Die Diagnose – interdisziplinär erarbeitet


In der endokrinologischen Sprechstunde klingt die erfreuliche Diagnose für die Patientin mit dem nun vorerst ausgeräumten Verdacht auf einen Hypophysentumor wie folgt:
Je nach Befund ist eine medikamentöse Suppression der Prolaktinsekretion zu diskutieren. Bei Kinderwunsch, Galaktorrhö oder erkennbarem Prolaktinom in der Hypophyse bestünde die Indikation zur Therapie mit Cabergolin (Dopamin-Rezeptor-Agonist mit hemmender Wirkung der Prolaktinsekretion in der Hypophyse).


Das Prolaktinom ist somit ein Paradebeispiel für die Zusammenarbeit von Gynäkologie, Endokrinologie und Neuroradiologie.



Das MRT-Bild zeigt ein Mikroprolaktinom mit freundlicher Genehmigung von
Radiopaedia:

MRT-Aufnahme: Coronar T1 C (Quelle: radiopaedia.org; abgerufen am 01.08.2017: Case courtesy of Dr Hani Salam, Radiopaedia.org, rID: 34925)

MRT-Aufnahme: Coronar T1 C fat sat (Quelle: radiopaedia.org; abgerufen am 01.08.2017: Case courtesy of Dr Hani Salam, Radiopaedia.org, rID: 34925)

Sie finden einen spannenden Bericht über radiopaedia.org von unserem Redaktionsmitglied Dr.  Fatih Seker in unserer „Radiologischen Bibliothek“: Wikipedia für Radiologen.

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